Benedicam Dominum — Ps. XXXIII (34)
„Kommt ihr Kinder, hört mir zu“ (Ps. 33, 12)
Psalm 33 gehört nach der wie stets problematischen Überschrift zu den vielen, die David in den Mund gelegt werden, weil der hier ausgesprochene Dank für eine Errettung aus schwerer Not einer von zahlreichen Errettungszenen aus der Lebensgeschichte Davids (I Sam 21, 11 – 16) zugeordnet wird.
Der Inhalt des Psalms, der in großen Teilen einer viel späteren Epoche angehören dürfte, gibt dafür keinen besonderen Anhaltspunkt. Bestenfalls der erste Abschnitt (Vers 2 – 5, maximal bis 11) könnte auf ein altes Dankgebet zurückgehen. Alles folgende steht in der Tradition eines Lehrgedichtes aus der weisheitlichen Schule. Im masoretischen Text sind die beiden Teile dadurch zusammengebunden, daß ab Vers 2 (stummes beth) jeder Vers fortlaufend mit einem anderen Buchstaben des Alphabets beginnt, allerdings mit zwei kleinen Störungen der Reihenfolge. Dieses in mehreren Psalmen angewandte Kunstmittel des „Akrostichons“ wird zumeist als Indiz für eine relativ späte Entstehung betrachtet.
Das Dankgebet des ersten Teiles enthält keine schwer verständlichen oder ungewöhnlichen Passagen. Kritisch zu beleuchten ist die Übersetzung von Vers 7 in der EÜ, die mit der Wendung „Da rief ein Armer...“ einen Subjektwechsel gegenüber der vorher sprechenden ersten Person andeutet. Hier hat sich wohl wieder einmal die in der Zenger-Schule populäre „Armentheologie“ selbständig gemacht, die wo immer möglich (oder auch unmöglich) „Arme“ im Sinne von „Besitzlose, Unterdrückte“ einführt, um dem Psalter eine klassenkämpferische Note zu geben. Weder die hebräische noch die westliche Texttradition geben hier dazu einen Anlaß. Sie sprechen dezidiert von „Dieser Arme hier…“ und setzen damit das Gebet in der Ich-Form fort.
Die Armen – das sind nicht nur oder auch nur in erster Linie die Angehörigen der Unterschicht, sondern das sind alle, die sich ihrer Kleinheit vor Gott bewußt sind und seine Hilfe anrufen – und wären sie auch, wie die Tradition von Psalm 34 behauptet, der König David selbst. Gerade dieser Psalm macht die spirituelle Dimension der hier angesprochenen „Armut“ unübersehbar deutlich, wenn er in Vers 19 mit der Wendung von den „im Geist gebeugten“ die Seligpreisung der „Armen im Geiste“ (Matt. 5,3) vorwegnimmt.
Ein Schritt zur Verallgemeinerung weg von der Person des Beters erfolgt dann erst im folgenden Vers 8, wo der erhörte und gerettete Beter in poetischen Bildern die Nutzanwendung aus seiner Erfahrung zieht: Den Gottesfürchtigen und Vertrauensvollen läßt der Herr Schutz und Rettung zukommen.
Diese Erkenntnis wird dann im lehrhaften Teil in mehreren exempla weiter ausgeführt. In Vers 13 (und in mehreren Versen anderer Psalmen ebenfalls) begegnet dem Beter dabei die grammatisch eindeutig als Frage ausgeführte Wendung: „Wer ist der Mensch, der…“, die sich so wörtlich auch in den alten Sprachversionen findet., in der Vulgata etwa als „quis es homo, qui..“ Es erleichtert das Verständnis erheblich, wenn man sich klar macht, daß hier dem Sinn nach nicht nach einem „wer“ sondern nach einem „wie“ gefragt wird: „Wie soll/muß ein Mensch sich verhalten, der…“. Das gilt auch für mehrere andere Psalmverse, in denen diese „Wer ist“-Frage aufgeworfen wird.
Letzte Bearbeitung: 26. März 2024
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