Exaltate justi — Ps. XXXII (33)

Die Wolken der Dunkelheit und des Nichts werden durch die vom im Zentrum der Darstellung stehenden Schöpfer (hier ist der Vater dargestellt)ausgehenden Strahlen aufgebrochen.

Der Herr sprach, und sogleich geschah es, er gebot, und alles war da. (32; 9)

Dieser Psalm ist ein großes Loblied auf den Allmächtigen, der Himmel und Erde erschaffen hat und die Menschen nach seinem Wohlgefallen regiert. Die eingängigen Aussagen und Sprach­bilder machen auch einem „primitiven“, d.h. theologisch weder vorgebildeten noch verbil­deten Verständnis, wenig Schwierigkeiten und haben deshalb großen Einfluß auf das Gottesbild des frommen Volkes in Israel und in der Kirche ausgeübt. Die Verse zur Einleitung (1 – 5) und zum Schluß (20 – 22) lassen einige Erklärer an einen liturgischen Gebrauch von Psalm 32 denken. Die Einleitung wäre dann eine Art Einladung zum Gebet, vorgetragen durch Vorsänger oder Tempelpriester, und der Schluß eine feierliche Akklamation der Gemeinde. Das ist denkbar, wegen des geringen Wissens über die Tempelliturgie aber bislang nicht belegbar.

Der inhaltliche Hauptteil umfasst die Verse 6 – 19 und enthält in zweimal sieben Versen einen schon fast katechismusartigen – und das ist für die Psalmen durchaus selten – „Abriss der Glaubenslehre“ in den Teilen, die allen Söhnen Abrahams gemeinsam sind und von daher auch von Christen stets vorbehaltlos gebetet wurde und gebetet werden kann. Der erste Siebener-Abschnitt begründet den Herrschaftsanspruch Jahwehs – der Gottesname wird in fast jedem Vers ausdrücklich genannt - denn der Herr hat das ganze Universum ge­schaffen, ihm Sein Gesetz gegeben und unter allen Völkern, die ebenfalls Seine Schöpfung sind, dem auserwählten Volk eine ganz besondere Stellung verliehen – eine Stellung, die hier nicht unbedingt mit weltlicher Vorherrschaft gleichzusetzen ist.

Der zweite Siebener-Abschnitt (13 – 19) nimmt das Verhältnis zwischen dem Schöpfer und seinen Menschenkindern näher in den Blick. Obwohl der erste Abschnitt mit der besonderen Hervorhebung des auserwählten Volkes geendet hatte, betonen die drei ersten Verse des zweiten Abschnitts mit einem dreimaligen starken „alle und jeder“, daß hier wieder nicht nur von den Juden, sondern von allen Menschen die Rede ist. Sie alle können ohne Ihn nichts ausrichten, nicht ein König mit seinem Heer, noch ein Krieger mit seiner Stärke, noch die Schnelligkeit und Kraft der Kampfrosse. Doch die Menschen, die Gott fürchten und ehren, können sich seines Angesichts, d.h. modern ausgedrückt: seiner Gunst und Gnade erfreuen; er wird ihnen beistehen.

Hier stellt sich die Frage, ob mit diesen „Menschen, die Gott fürchten und ehren“, dem Tenor des Abschnitts folgend immer noch „alle und jeder“ gemeint sind, oder doch eher entsprechend dem Schluß des ersten Abschnitts vor allem und exklusiv die Frommen Israels. Nach allem, was wir über die Glaubensvorstellungen der Juden wissen und was sich dann auch im „Extra ecclesiam nulla salus“ der Christen niederschlägt, war eine solche Ausweitung kaum vorstellbar. Die aus den folgenden drei Schlußversen vermu­tete liturgische Verwendung des Psalms mit der dreimaligen Betonung des Gottesnamens kann diese exklusivere Betrachtungsweise nur noch verstärken.

Seinem relativ leicht nachvollziehbaren Inhalt entsprechend wirft der Psalm auch sprachlich keine besonderen Problem auf. Interessant ist eine Textnuance zwischen der hebräischen und der griechisch-lateinischen Tradition in Vers 16. Der masoretische Text nennt hier nach dem König einen „Mächtigen“ und denkt dabei primär an eine Art Kriegsheld, schließt aber auch einen wirtschaftlich Mächtigen nicht aus. Die Septuaginta hat hier einen „Gigas“, einen Riesen, und beschwört damit überaus passend das Bild des schwer gewappneten Riesen Goliath herauf, der doch vom Kieselstein des Hirtenjungen David gefällt wurde.

Letzte Bearbeitung: 26. März 2024

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